Hochzeit im Himmel

Kurzgeschichte

Band 1, Ausgabe 1

Erschienen am 07. Mai 2024

 

Hochzeit im Himmel

Es war ein sonniger Tag in Oberbayern, als das verliebte Paar, Anna und Markus, beschloss, ihre Liebe in luftiger Höhe zu besiegeln. Sie träumten von einer Hochzeit im Heißluftballon, umgeben von ihren engsten Freunden und Familie. Nach einer intensiven Internetrecherche entschieden sie sich für das Unternehmen "Luft-Kiste", das für seine malerischen Ballonfahrten bekannt war.

Drei Wochen vor dem großen Tag, als die Hochzeitsvorbereitungen in vollem Gange waren, machten sich Anna und Markus auf den Weg zu Flugplatz der “Luft-Kiste”. Die Sonne strahlte, und die Luft roh nach frischem Gras und Abenteuer. Sie hatten sich für eine Hochzeit in einem Heißluftballon entschiede, und dieser Ausflug sollte ihre Entscheidung festigen.

Der Flugplatz war ein malerischer Ort in Oberbayern. Als sie ankamen, begrüßte sie der freundliche Besitzer, Herr Müller, mit einem breiten Lächeln. Seine Augen funkelten, als er von den Ballonfahrten erzählte, die er schon unternommen hatte. Anna spürte die Aufregung in sich aufsteigen. Sie hatte schon immer davon geträumt, über die Landschaft zu schweben, getragen von einem riesigen bunten Ballon.

Herr Müller führte sie über das Gelände. Die farbenfrohen Ballons hingen an Seilen und schaukelten sanft im Wind. Anna konnte den Nervenkitzel kaum erwarten. Sie stellte sich vor, wie es sein würde, hoch oben zu schweben, die Welt unter sich sehen und die Freiheit zu spüren. Markus hingegen betrachtete die Körbe skeptisch. Er war ein Mann, der Vernunft, und die Idee, in einem Korb zu stehen der nur von heißer Luft getragen wurde, behagte ihm nicht. Herr Müller stellte sich bewusst neben Markus und erklärte ihnen die Sicherheitsvorkehrungen und die physikalischen Abläufe. Markus hörte aufmerksam zu, während Anna sich die vielen bunten Ballons ansah. Schließlich vereinbarten Markus und Anna einen Termin für das kommende Wochenende, um eine Probefahrt zu machen. Sie konnte es kaum erwarten, den Korb zu betreten und abzuheben.

In den nächsten Tagen sprachen sie immer wieder über die bevorstehende Ballonfahrt. Anna recherchierte, was sie anziehen sollte, und Markus las über die Physik der Heißluftballons. Die Vorfreude wuchs mit jedem Tag, und sie konnten es kaum erwarten, den Himmel zu erobern – Seite an Seite, in einem bunten Ballon, der ihre Liebe tragen würde. In den folgenden Wochen waren Anna und Markus in einem Wirbelwind der Vorbereitungen gefangen. Sie wählten ihre Hochzeitskleidung sorgfältig aus, luden Gäste ein und planten die Feierlichkeiten.

Die Morgendämmerung brach an, und mit ihr erwachte ein Tag voller Magie und Vorfreude. Die Sonne kroch langsam über den Horizont, und die ersten Strahlen berührten die Spitzen der Alpen. Es war der Tag, den Anna und Markus so lange entgegengefiebert hatten – ihr Hochzeitstag. Die Luft war frisch und klar, als sie den Flugplatz der Luft-Kiste erreichten. Die sechs Heißluftballons, die ihre Gäste in den Himmel tragen sollten, waren bereits aufgeblasen und tanzten sanft im Morgenwind. Die bunten Riesen standen bereit, um die Hochzeitsgesellschaft in eine Welt jenseits der Wolken zu führen.

Die Gäste trafen nach und nach ein, ihre Gesichter voller Lächeln und Erwartung. Jeder wurde mit einem herzlichen Willkommen von Herrn Müller begrüßt, der stolz seine Flotte präsentierte. Die Körbe waren mit Blumen und Bändern geschmückt, und in jedem schwebte ein Schild mit den Namen der Gäste, die darin fahren würden. Anna und Markus, beide strahlend vor Glück, begrüßten ihre Freunde und Familie. Sie konnten die Aufregung in der Luft fast greifen, so stark war sie.

Als es Zeit war, in die Ballons zu steigen, halfen die Bodencrew und die Piloten jedem Gast, sicher in die Körbe zu gelangen. Mit einem letzten Check der Seile und der Brenner gaben die Piloten das Zeichen, und die Ballons begannen, sich vom Boden zu erheben. Anna und Markus standen im größten Ballon, Hand in Hand, ihre Herzen voller Liebe und ihre Augen voller Tränen der Freude. Sie blickten zu ihren Gästen auf, die in den anderen Ballons standen, und sahen, wie auch sie die Schönheit des Moments in sich aufnahmen. Als die Ballons höher stiegen, breitete sich ein Gefühl der Ehrfurcht unter den Gästen aus.

Sie schwebten über Wälder und Felder, über kleine Dörfer und fließende Flüsse. Die Welt unter ihnen wurde zu einem lebendigen Gemälde, einem Kunstwerk aus Natur und Menschheit. Für Anna und Markus war dieser Aufstieg mehr als nur der Beginn ihrer Hochzeit; es war der Beginn eines neuen Lebenskapitels. Sie schauten sich tief in die Augen und wussten, dass dieser Tag, hoch über der Erde, für immer in ihren Herzen verankert sein würde.

Als die Ballons langsam aufstiegen, spürten Anna und Markus ein Kribbeln im Bauch. Die Aussicht auf die bayerischen Alpen war atemberaubend, und die Gäste lachten und plauderten, während sie höher und höher schwebten.

Doch plötzlich stoppten die Ballons ihren Aufstieg. Bei etwa 500 Metern Höhe schien die Zeit stillzustehen. Die Gäste blickten sich verwirrt an, und der Pfarrer räusperte sich, um seine Rede zu beginnen. Doch bevor er ein Wort sagen konnte, hörten sie ein lautes Krachen. Zwei Seile ihres Ballons waren gerissen und der Ballon driftete auf einen anderen zu! Die Seile verhedderten sich, und die Körbe prallten hart gegeneinander. Panik brach aus, als die Ballons unkontrolliert schaukelten. Anna klammerte sich an Markus, während die anderen Gäste versuchten, das Gleichgewicht zu halten. Im Chaos des Zusammenstoßes stürzte der Bräutigam, Markus, aus dem Korb. Sein Schrei verlor sich im Wind und der Tiefe, als er in den freien Fall geriet. Aus dem anderen Ballon fielen ebenfalls zwei Gäste, die verzweifelt nach Halt suchten.

Die Hochzeit, die im Himmel beginnen sollte, wurde zu einem Albtraum. Die verbleibenden Ballons landeten sicher auf einem Feld, und die Rettungskräfte eilten zu den Absturzstellen. Anna weinte, während sie auf Nachrichten von Markus wartete. Die Gäste waren geschockt und beteten für die Verunglückten. In der Stille, die auf die Katastrophe folgte, lag eine bedrückende Schwere. Die Gäste standen in einem Kreis, gefangen in einem Meer aus Trauer und Unglauben.

Für die Verunglückten kam jede Hilfe zu spät. Die Nachricht vom Tod von Markus und den zwei Gästen verbreitete sich wie ein Lauffeuer, und mit ihr eine Welle der Bestürzung. Anna war am Boden zerstört. Die Träume von einer gemeinsamen Zukunft mit Markus waren in einem Augenblick zerschlagen worden. Sie verbrachte Tage damit, in ihrem Zimmer zu weinen, unfähig, die Realität zu akzeptieren. Ihre Familie und Freunde umgaben sie mit Liebe und Unterstützung, aber der Schmerz war zu tief, um getröstet zu werden.

Die Planung der Beerdigung war eine quälende Aufgabe. Anna wählte einen stillen Friedhof aus, umgeben von alten Bäumen, die wie stille Wächter wirkten. Sie entschied sich für eine schlichte Zeremonie, die Markus' sanften Geist widerspiegelte. Die Einladungen wurden verschickt, und als der Tag kam, versammelten sich alle, die Markus kannten und liebten, um Abschied zu nehmen. Der Himmel war bedeckt, als Anna, in Schwarz gekleidet, hinter dem Sarg herging. Die Trauergäste folgten ihr in einem langsamen, respektvollen Marsch. Die Zeremonie war herzzerreißend, mit Reden, die Markus' Güte und die Freude, die er in das Leben anderer gebracht hatte, hervorhoben. Tränen flossen frei, als Erinnerungen geteilt wurden. Nachdem der Pfarrer das letzte Gebet gesprochen hatte, senkten sie den Sarg in die Erde. Anna warf eine einzelne weiße Rose hinab, ein letztes Lebewohl an ihre große Liebe. Sie stand da, lange nachdem die anderen gegangen waren, und starrte auf das frische Grab. In diesem Moment schwor sie sich, dass sie Markus' Erbe ehren würde, indem sie das Leben vollkommen lebte, so wie er es getan hätte. Die Hochzeit im Himmel hatte ein tragisches Ende gefunden, aber die Liebe, die sie verbunden hatte, würde weiterleben – in Annas Herzen und in den Geschichten, die sie über Markus erzählen würde. Und während sie dort stand, fühlte sie eine sanfte Brise, als ob Markus ihr zuflüsterte, dass es Zeit war, weiterzugehen und das Leben zu umarmen, das noch vor ihr lag.

Ende